Fliegerhorst Klützow

Horst Dörn
E.-Wulff-Weg 5
17491 Greifswald
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Der Autor sucht vom Fliegerhorst weitere Fotos, Dokumente und Berichte (auch Kopien). Originale werden zurück geschickt und Unkosten erstattet.

Der folgende Artikel wurde zuerst im Weizackerbrief Nr. 12 vom Juni 2005 veröffentlicht.

Fliegerhorst Klützow Stempel

Bei Stargard gab es zwei Flugplätze. Einen Zivilflugplatz aus den 20ziger Jahren und den Fliegerhorst Stargard-Klützow im Kreis Pyritz, der später gebaut wurde. Mit dem offiziellen Aufbau der Luftwaffe 1935 entstanden Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe, so auch der Fliegerhorst in Klützow, mit dem Decknamen "Swine". In der Mitte des Fliegerhorstes das Flugfeld mit Start- und Landebahnen. Es schlossen sich an das Flugfeld Werfthalle, Flugzeughallen, Unterkünfte, Versorgungsgebäude wie Küche, Kantine, Kasino, Feuerwehr, Heizwerk und Wetterstation an. Tank- und Munitionslager lagen etwas abseits, ebenso die Schießstände. Vorhanden war eine KFZ- und Funkstation. Dazu kam ein Eisenbahnanschluss mit Anbindung an die Bahnlinie Stargard-Pyritz. Beim Aufbau des Fliegerhorstes lieferten die Bauern aus den umliegenden Ortschaften Kies aus den Kiesgruben. Zum Fliegerhorst gehörte auch eine Musikkapelle. Sie spielte z. B. beim Eintreffen einer WHW-Reiterin (Winterhilfswerk) am 21.10.1937 auf dem Marktplatz in Pyritz.

Fliegerhorst Klützow Plan

1936 waren auf dem Fliegerhorst die Nahaufklärungsstaffeln 1/112 und 2/112 stationiert. Am 1. 9. 1939 gehörte die Aufklärungsgruppe 21 aus Stargard mit 35 Flugzeugen des Typs Henschel HS 126 den Heeresfliegerverbänden an. Im November 1939 wurde die Blindflugschule 2 aus Neuburg/Donau mit ca. 800 Mann auf dem Bahnweg nach Klützow verlegt. Jedoch schon im Februar 1940 wurde sie nach Neuburg zurückverlegt. Danach kam im Juli 1940 die Blindflugschule 5 von Rahmel-Putzig nach Klützow, die ihren Standort im August 1941 nach Belgrad-Semin (Jugoslawien) verlegte.

Aus einem Flugbuch von Walter Bunde ist zu entnehmen, dass sein Blindfluglehrgang im September 1940 auf einer JU 52 erfolgte. In der JU 52 wurden schwarze Vorhänge benutzt, die den Schülern bei klarem Wetter an der Sicht hindern sollten. Der Schüler sollte lernen sein Ziel ohne Sicht mit den Bordinstrumenten zu erreichen. Als Fluglehrer ist eingetragen: Prinz von Preußen. Es war Prinz Louis Ferdinand von Preußen, der spätere Chef des Hauses Hohenzollern. Frau Edith Markowski war 1941 im Befehlsgebäude beschäftigt und erinnert sich an den Hauptmann Prinz Louis Ferdinand von Preußen, der im Dezember 1941 aus der Luftwaffe ausschied und sich ins Privatleben auf sein Gut in Cadinen/Westpreußen zurückzog.

Prinz Louis Ferdinand von Preußen äußerte sich wie folgt: Mein neuer Beruf als Blindfluglehrer gefiel mir. Wir konnten mit den Schülern fliegen, wohin wir wollten; es kam nur darauf an, dass wir mit jedem Schüler die vorgeschriebenen Stunden in der Luft blieben. Ich packte meine pädagogische Aufgabe leicht an, regte mich nicht über meine Schüler auf und befolgte den akademischen Grundsatz, dass es Sache der Studenten ist, ob er etwas lernen will oder nicht. Nie benutzte ich die schwarzen Vorhänge, die den Schüler bei klarem Wetter an der Sicht hindern sollten. Es war gegen die Vorschrift, aber wegen dieser schwarzen Vorhänge hatte es bei strahlendem Sonnenschein schon oft Zusammenstöße in der Luft gegeben, weil der Fluglehrer nicht sehen konnte, was etwa auf der linken Seite los war; nicht nur darum, sondern auch aus Überanstrengung und Übermüdung kamen verschiedene meiner Kameraden ums Leben, Meine Schüler gewöhnten sich bald an meine Methoden; im allgemeinen wussten sie schon ein wenig Bescheid, sie sollten sich in der Blindfliegerei nur noch eine größere Praxis aneignen. Nicht wenige hatten Fronterfahrung, vor allem nachdem der Luftkrieg mit England begonnen hatte. Mit der Zeit indessen wurde der Prozentsatz der aktiven Luftwaffenpiloten immer kleiner; viele Schüler kamen jetzt, von der Aussicht auf Kriegseinsatz nicht im geringsten begeistert, unmittelbar aus Zivilberufen. Das Beste an der Sache war, dass ich fast an jedem Wochenende meine Familie besuchen konnte; man erlaubte dem fliegendem Personal stillschweigend Extratouren, um es bei guter Laune zu halten.

Klützow Gruppenbild

Stabs- und Wirtschaftskompanie mit Prinz Louis Ferdinand von Preußen hinter dem Schild

Blindflugschule 8

Der Schulbetrieb forderte auch Menschenopfer. So stießen am 11.6.1941 über dem Fliegerhorst die Maschinen von Blindfluglehrer Oberleutnant Gütering und Unteroffizier Ottenberg zusammen. Es gab keine Überlebende. Nach Verlegung der Blindflugschule 5 erfolgte die Neuaufstellung der Blindflugschule 8 in Klützow, mit Schwerpunkt Transporter-Ausbildung. Diese Schule wurde im Februar 1943 nach Terespol bei Brest (Weißrussland) verlegt. Danach wurden Jagdflieger in Stargard/Klützow geschult.

Frau Johanna Kootz war von Juli 1936 bis zum Juni 1942 auf dem Fliegerhorst und arbeitete zuerst in der Abteilung Unterkunft, dann beim Stab. Sie erinnert sich an den Gruppenkommandeur der Nahaufklärungsgruppe Oberstleutnant Stuhldreher und weitere Offiziere. Die Fliegerhorst-Kompanie stand unter der Leitung von Hauptmann Klett (1936/37) und die Luftnachrichten-Kompanie unter der Leitung von Major Siemer. Es gab in der Folgezeit viele Wechsel des Führungspersonals und der Mannschaften. Frau Kootz wohnte in der Wohnsiedlung des Fliegerhorstes, die Mitte der dreißiger Jahre erbaut wurde. Die Siedlung umfasste zehn Häuser mit so genannten Reichszuschusswohnungen. Am 6. Oktober 1944 griffen US‑Bomber Stettin (Stoewer-Werke) und zeitgleich als Ausweichziele Stralsund und Klützow an. In der Siedlung gab es keine Personenverluste, nur Sachschäden. Das Horstgelände und die Gebäude wurden schwer getroffen. Bei Fliegeralarm wurden die Zivilpersonen mit Fahrzeugen in die Feldmark hinausgefahren. Frau Markowski erlebte den Bombenangriff im Luftschutzbunker der Zuckerfabrik in Klützow. Sie berichtet, dass es ca. 36 Tote gegeben hat. Außerdem wurden 8 KZ-Leute getötet, die auf dem angrenzenden Acker des Gutes vergraben wurden. Der Gutsbesitzer, Herr von Sethe, reichte nach der Herbstfurche eine schriftliche Beschwerde bei der Fliegerhorstkommandantur über diesen Vorgang auf seinem Acker ein.

Blindflugschule 5

Anfang 1943 wurde eine Produktionsstätte der ausgelagerten Askania-Werke aus Berlin Friedenau auf dem Fliegerhorst aufgebaut. Dort arbeiteten u. a. auch Kriegsgefangene. Dazu wurden Zivilpersonen zum Feinmechaniker-Lehrgang nach Stuttgart geschickt, um danach in dem Gerätewerk zu arbeiten, so auch der Onkel von Brigitte Hinz, Otto Drake. Durch den Bombenangriff am 6.10.1944 gab es Schäden im Gerätewerk und es erfolgte danach eine Verlagerung des Askania Gerätewerks mit Marschbefehl nach Fischbach am Bodensee.

Die Mutter von Brigitte Hinz arbeitete in der Küche und war von Anfang an auf dem Fliegerhorst. Auf dem Fliegerhorst befand sich 1944 die Ergänzungstruppe „West“. Hier wurden Piloten, die von Jagdfliegerschulen kamen, von Frontpiloten geschult und mit den kommenden Einsätzen vertraut gemacht. Danach erfolgte die Verlegung zur Fronteinheit.

Klützow Küchenpersonal

Küchenpersonal des Fliegerhorstes in Klützow 1942

Der Flugplatz hatte auch eine betonierte Startbahn. Diese lag aber außerhalb des Rollfeldes in Richtung Schlötenitz/Buslar. Der Fliegerhorst wurde durch 3,7 cm Flakbatterien gesichert. Es wurden als Flakhelfer Oberschüler aus Stettin *** eingesetzt. Zum Schutz des Hydrierwerkes in Pölitz wurde das II. Jagdgeschwader 400 der 1. Jagddivision am 12.11.1944 mit Raketenjäger Me 163 in Klützow aufgestellt. Es kam aber nur zu Versuchsflügen. Da sich die Front näherte, wurde die Gruppe im Dezember zurückverlegt. Am 25. Januar wurde das IV. Sturm/Jagdgeschwader 3 "Udet" mit FW 190 (Focke-Wulf) von Gütersloh nach Stargard/Klützow verlegt. Diese Gruppe flog Abwehreinsätze, Jagdbomber- und Tiefangriffseinsätze zwischen der westlichen Neumark und Pyritz im Norden. Verluste gab es durch sowjetische Flakabwehr. Da der Flugplatz von Süden her durch vordringende sowjetische Truppen bedroht wurde und darüber hinaus die Spritbestände am Platz aufgebraucht waren, verlegte sich die Gruppe nach und nach bis zum 6.2.1945 nach Prenzlau. Von hier aus wurde weiterhin in die Kämpfe eingegriffen.

Klützow Aktenvermerk

Frau Johanna Kootz wurde mit ihrem Sohn von einer abziehenden Einheit des Fliegerhorstes in einem Sauerstoffwagen mitgenommen. Weitere Fahrzeuge verließen den Fliegerhorst unter Zurücklassung eines Sprengkommandos in Stärke von 12 Mann. Frau Edith Markowski berichtet, dass sie am 8.2.1945 früh Klützow verlassen habe. Die ersten sowjetischen Panzer waren da, wurden aber zurückgeworfen. Das erfolgte noch einige Male. Der Vater von Frau Markowski hat noch unter Beschuss Zucker von der Zuckerfabrik verladen und zum Bahnhof gebracht. Nach 1945 wurde der Fliegerhorst von sowjetischen Luftstreitkräften genutzt.

Quelle: "Die Pommersche Zeitung"; aus dem Internet; "Als Stargard verloren ging" von Bliss/Hoffmann; "Pommern 1945" von H. Lindenblatt; Chroniken von Luftwaffeneinheiten und Berichte von ehemaligen Luftwaffenangehörigen; "Als Kaiserenkel um die Welt" von Prinz Louis Ferdinand von Preußen; persönliche Erinnerungen von Frau Edith Markowski, Frau Johanna Kootz und Frau Brigitte Hinz. Weiterhin verschiedene Dokumente.

*** Bemerkung: Im Oktober 1944 wurde die Wehrmachtseinheit 1. leichte Flak-Batterie 850 bestehend aus drei Zügen mit 7,5 cm Vierlingsgeschützen zum Schutz des Fliegerhorstes von Stettin nach Klützow versetzt. Sie bestand, abgesehen vom Stamm- und Ausbildungspersonal, aus Luftwaffenhelfern (LWH), also aus Schülern von Gymnasien, Ober- und Mittelschulen sowie Lehrlingen verschiedener Berufe des Geburtsjahrganges 1928 aus Stettin, Stargard und der ländlichen Umgebung. Eine Gruppe ehemaliger LWH aus Stargard pflegt heute noch ein jährliches Kameradentreffen.

Erlebnisbericht Hans Flemming

Erlebnisbericht Werner Lenz

Erlebnisbericht R. Hengst

Die folgenden 3 Bilder zeigen die Zerstörungen im Fliegerhorst durch viermotorige Bomber der 381. US-amerikanischen Air Force am 6. Oktober 1944.

Klützow Kasernen 1

Klützow Kasernen 2

Klützow Kasernen 3

Klützow Kasernen 4


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