Worte der Erinnerung

Vorgetragen auf der Festveranstaltung zum 1. Stargarder Heimattreffen
am 19. September 2009 in Stargard Pommern

Sehr geehrte Stargarderinnen und Stargarder,
Werte Gäste aus Deutschland und Polen,
Liebe Freunde,

Das 1. Stargarder Heimattreffen von ehemaligen deutschen Bewohnern Stargards, vom 18. bis 24.09.2009 und unsere heutige  Festveranstaltung hier in unserer Geburts- und Heimatstadt ist ein Geschenk. 70 Jahre nach dem deutschen Überfall, der Polen, Europa und die Welt in eine Katastrophe stürzte, strecken die Opfer ihre Hand aus. Eine Geste der Versöhnung, die zeigt, dass die verfeindeten Nachbarn von einst inzwischen Partner und Freunde sind.

Einst zog sich der Eiserne Vorhang mitten durch Europa und die berüchtigte Mauer mitten durch Deutschland. Mit dem Kalten Krieg drohte die Welt wieder an den Abgrund zu geraten. Doch die Entspannungspolitik und vor allem die von der polnischen Solidarnosc-Bewegung ausgehende friedliche Revolution, hat Europa und die Welt entscheidend verändert. Den Polen gebührt Dank.

Mit dem Entstehen der Erweiterten Europäischen Union sind neue  Möglichkeiten eines gemeinsamen  Wirkens im Umgang mit der historischen Entwicklung dieser unserer Stadt gegeben. Die deutsche Vergangenheit und polnische Gegenwart und Zukunft, sind keine trennenden Fakten mehr. Das wird sicher eine Erkenntnis sein, mit der wir wieder nach unserem heutigen Treffen zu Hause nach Deutschland zurückfahren.

Unser 1. Heimattreffen der ehemaligen deutschen Bewohner in unserer Geburts- und Heimatstadt trägt eine gute Botschaft , sie heißt „Versöhnung“. 140 Teilnehmer sind zu diesem Treffen gekommen, um noch einmal an Stätten ihrer Kindheit und Jugend, ihres Schaffens und Lebens, das ganz besondere Heimatgefühl zu erleben. Sie tun es mit viel Emotionen, mit Trauer um das Verlorene, aber auch mit Freude darüber, wie sich Stargard zu einer polnischen Stadt entwickelt, in der wir ehemaligen deutschen Bewohner auch unseren Platz finden. Wir fühlen uns auch nach so vielen Jahren noch immer heimisch und das wird auch so bleiben. Unsere Enkel und Urenkel werden diese Gedanken weiter leben und die Wurzeln ihrer Vorfahren nicht vergessen. Wir sind Ihnen als polnische Partner und Freunde dankbar dafür, dass wir dieses Treffen mit einem Gefühl der Freude und der berühmten polnischen Gastlichkeit begehen können. Es war ein langer Weg bis hier hin.

Erinnern wir uns: Vor 70 Jahren begann der 2. Weltkrieg. Nur 6 Jahre später, im Februar 1945, verließen die letzten deutschen Einwohner Stargard, eine noch heile, unzerstörte Stadt, und mit dem Gedanken, bald wieder zurück zu kommen. Das war ein sehr frommer Wunsch. Wenige Tage nach der Flucht erfolgte die sinnlose Zerstörung Stargards. In dieses Trümmerfeld kamen die neuen, die polnischen Bewohner. Vor ihnen lag die schwere Aufgabe, die Trümmer abzuräumen und eine neue, nunmehr ihre Stadt wieder mit Leben zu füllen.

Als die ersten deutschen Stargarder aus Neugier die Stadt besuchten, fanden sie ein Trümmerfeld. Von Ihrer Heimatstadt, wie sie es in Erinnerung hatten, war nicht mehr viel vorhanden. Es war für sie ein Schock, der noch bis in die Gegenwart reicht. Ihr Stargard reduzierte sich auf Postkartenerinnerungen. Die polnischen und die deutschen Stargarder begegneten sich argwöhnisch und mit Misstrauen. Es gab viele Missverständnisse und Vorbehalte auf beiden Seiten, wohl auch Hassgefühle. Der Prozess zur Normalität im Umgang miteinander, ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Aber die Anzahl der Menschen, die diesen Prozess voranbringen, wird immer größer.

Der Heimatkreisausschuss Stargard, mit Sitz in Elmshorn, die Partnerschaft der Stadt Elmshorn und der Stadt Stargard Scz. haben in den letzten Jahren  gute Rahmenbedingungen für praktische Projekte für die Vereinsarbeit entstehen lassen. Gegenseitige Besuche und Arbeitstreffen prägen immer mehr den Willen, eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil zu festigen. Ich denke dabei an die gemeinsamen Projekte wie z.B. die Wiedererrichtung der Feldkirche in Zartzig, viele ökumenische Gottesdienste in den Kirchen Stargards.

Ich denke an die vielen Veranstaltungen bei Besuchen deutscher Reisegruppen, die mit freundschaftlicher Hilfe und Unterstützung durch das Gaststätten-Ehepaar Kosikowski möglich wurden. Dankbar erinnern wir uns an das beispielhafte Zusammenwirken mit dem damaligen Museumsdirektor Slawomir Preiss und seinem Bruder, der für die Kunstschmiedarbeit der Umgrenzung des deutschen Ehrenmales auf dem Friedhof verantwortlich war. Wir danken den Mitgliedern der sozial- kulturellen Gesellschaft der deutschen Minderheit, Ortsgruppe Stargard, unter Leitung des Herren Daniel Buda für die gute Pflege dieser Anlage. Herr Peter Nycz, Geschäftsführer der Gruppe der deutschen Minderheit und Verantwortlicher des Volksbundes der deutschen Kriegsgräberfürsorge für den Soldatenfriedhof Glien, besitzt unsere größte Hochachtung für seine vorbildliche Arbeit. Nicht unerwähnt soll die gut begonnene Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis Stargard unter Leitung von Dr. Zenkner bleiben.

Für den HKA Stargard, unter Leitung  von Jürgen Willbarth, seien für ihren ständigen innovativen Einsatz um unser Stargard, die Heimatfreunde Dietrich Otto, Manfred Ueckert, Ingrid Luczkowski, Heinz Serfass und Christa Berke genannt. Für eine über 50 jährige Paten- und Partnerschaft steht seit Jahren Frau Dr. Brigitte Fronzek, Gerd Richter, Peter Jepsen, Herr Klepcia und andere Elmshorner Vertreter des öffentlichen Lebens an unserer Seite.

Nicht zuletzt gehört ein großer Dank allen Stargarderinnen und Stargardern für ihre Heimattreue und ihre Verbundenheit zum HKA Stargard. Ich weiß, dass ein sehr großer Teil von ihnen heute nur in Gedanken bei uns ist. Unser Gruß geht von dieser Stelle an sie nach  Deutschland. Leider fordert das Alter und die Gesundheit ihren Preis. Deshalb ist die nicht erwartete hohe Teilnehmerzahl an unserem 1. Treffen hier in Stargard ein Ausdruck für unsere Treue zur Heimat. Der HKA Stargard bedankt sich bei allen für Ihre Teilnahme und wünscht Ihnen viele Gespräche aus der Jugendzeit und aufrichtige Begegnungen mit den polnischen Freunden. Der HKA Stargard bedankt sich bei den polnischen Partnern und Freunden für ihre umfangreiche Hilfe und Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung unseres Heimattreffen. Wir sprechen die Hoffnung für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit aus.

Liebe Stargarderinnen und Stargarder, zum Schluss, der HKA wünscht Ihnen erlebnisreiche Stunden und  viele Erinnerungen an die über 700 jährige  deutsche Vergangenheit dieser Stadt und ihrer Einwohner. Unseren polnischen Partnern und Freunden wünschen wir eine erfolgreiche Entwicklung des Gemeinwesens Stargards.

Für den HKA   Heinz Serfass

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