Mein erster Schultag, der 01. April 1940

Brigitte Hinz, geborene Griebenow
Herderstr. 35, 18311 Ribnitz-Damgarten

Nun war ich Schülerin der Mädchen-Jobstschule. Die Klassenlehrerin der 1c war Frau Radünz. Meine Schulmappe und die Brottasche hat ein Sattler in der Schulstr. gearbeitet. In der Schultüte war zu meiner Freude der Osterhase, der zuvor bei Kilian in der Holzmarktstraße zu sehen war. Mein blaues Bleylekleid erschien meiner Mutter zu kurz, deshalb musste der Saum ausgelassen werden. Aber welch ein Pech, der Knick ließ sich nicht wegbügeln. Ein Halstuch musste auch unter das Kleid, weil es piekte. Na, wenigstens saß die blaue Schleife. Zum grünen Mantel wurde der grüne Hut mit rotem Band gekauft. Bei den Geschwistern Steinberg in der Holzmarktstr. wurde er für mich erworben. Die beiden Schwestern Emma und Anna waren die Cousinen meiner Oma und sie meinten es mit ihrer Beratung sicher gut. Wenn auch nicht jeder Kauf in meinem Sinne war. Kaegbein am Markt hat das Schulbild geknipst. Für das Bild auf dem Hof der Schmelingsgasse hat man aber den scheußlichsten Hintergrund gewählt. Darauf zu sehen ist auch noch das Mietshaus von Frau Lorenz mit der Hausnummer 8. In der Schule sangen wir täglich: „40 kleine Mädchen sah ich geh'n, wollten in die Schule, das ist schön. Wollten fleißig lernen, das ist fein. Sagt der Lehrer: Kinder, nun ist's aus. 40 kleine Mädchen geh'n nach Haus." Ob wir tatsächlich 40 Kinder in der Klasse waren, weiß ich nicht, aber unsere Lehrerin, Frau Radünz. fand ich prima. denn sie war jung und sehr nett. Als sie die ersten Zeugnisse verteilte, mussten Jutta Gennermann und ich aufstehen. Wir hatten nämlich die gleichen Noten auf dem Zeugnis. Lesen und Rechnen hatten den Vermerk: sehr gut. Dafür erhielten wir beide ein Lob. Seit der Zeit sind nun schon 68 Jahre vergangen. Schade.

Schulbesuch Brigitte Hinz

Schulbesuch Brigitte Hinz

Am 01. April 1940 wurde ich Schülerin in der Mädchen-Jobstschule, gehörte zur Klasse lc, deren Klassenlehrerin Frau Radünz war. Als das Schulgebäude zum Lazarett wurde, gewährte die Ihnaschule Asyl. Im Dezember 1944 ging dann der Schulunterricht zu Ende.

Schulbesuch nch 58 Jahren

58 Jahre später betrete ich das Gebäude der Ihnaschule gemeinsam mit meinem Mann. Heute ist die Schule ein Gymnasium. Im Sekretariat herrschte bei unserem Besuch eine freundliche Atmosphäre. Mit der Verständigung klappte es auf polnisch und durch das Zeigen meiner Schulbilder. Eine Deutschlehrerin führte uns durch die Schule. Ich durfte auch, natürlich zum Spaß der Kinder, in einer Schulbank sitzen. Als Andenken erhielt ich ein Bild von der Schule mit dem Stempel des Gymnasiums. Das war am 13.06.2002.

Ihnaschule

2004 zog mich die Schule wieder in ihren Bann. Es war gerade Pause. Die Kinder und Jugendlichen verhielten sich sehr diszipliniert. Viele grüßten höflich. Zu meiner Freude entdeckte ich auf dem Schulhof unsere alte Sprunggrube, dicht an der Mauer, die 2 Schulen trennte. Die Kinder, die mein Erstaunen über die Entdeckung bemerkt hatten, meinten, ich könnte den Absprung doch wagen. Ich ließ es aber nur beim Anlauf.

Nach der Pause gingen alle Schüler ohne viel Lärm in die Klassenräume. Danach auch Schulbesuch nach 58 Jahren mein Mann und ich ins Gebäude. Eine Lehrerin rief einen jungen, unformierten Mann mit guten Deutschkenntnissen herbei. Er zeigte Verständnis für unseren Wunsch, uns umzusehen. Voller Stolz zeigte er den neuen Computerraum und die Bibliothek. Von Beruf war er Konservator. Er meinte, ich könnte doch in eine Klasse hineingehen, öffnete eine Tür während des Unterrichts und schwupp fand ich mich in einer Bank neben Schülern wieder.

Aus der Klasse kommend umarmte mich jemand ganz spontan und freudig. Erstaunt guckte ich. Es war die Sekretärin, mit der wir bei unserem ersten Besuch gesprochen hatten. Sie hatte mich sofort erkannt. Es war wirklich wie bei Freunden. Den Kaffee mussten wir leider ausschlagen, da wir draußen erwartet wurden.

 

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