Erlöserkirche 

Joachim Stampa:
"Stargard in Pommern und seine Gotteshäuser" 1975

In dem Zeitraum seit der Anlage der Eisenbahn und der dazugehörigen Reparaturwerkstätten wuchs im Handumdrehen im Nordwesten ein neuer Stadtteil aus der Erde, der Jobstbezirk. Diese Eisenbahnergegend gehörte zum Gemeindebereich von St.Johann. Bis 1867 hatte dort noch die Jobstkapelle gestanden. Ob diese ausreichend oder geeignet gewesen wäre, das Gemeindeleben dieser Straßenzüge zu beleben, mag dahingestellt bleiben. Wer tatsächlich aus der Lehmannstraße oder vom Torfmoorweg zur Kirche wollte, wäre sicher an der Jobstkapelle vorbei und die wenigen hundert Schritte weiter zur Johanniskirche gegangen.

Erlöserkirche

Bild aus Stargarder Jahresblatt 2000

Als dann aber 1905/1911 die Marienkirche am Markt wiederhergestellt wurde, regte sich das Interesse an einem zusätzlichen Gotteshaus im Jobstbezirk von neuem. So kaufte die Johannisgemeinde das Grundstück Jobststraße 92a an und ließ hier die Erlöserkirche bauen. Der Architekt war der gleiche, der bei der Marien-Renovierung tätig war, Heinrich Deneke. So ist es kein Wunder, dass die neue Kirche sich äußerlich an die frühe Marienkirche anlehnte: Über einem glatt gemauerten Sockel erhob sich ein Treppengiebel, der dicht mit Spitzbogenblenden ausgefüllt war und in der obersten Stufe ein Blendenkreuz erhielt. Vor diesen Westgiebel stellte man einen gemauerten Windfang, der zugleich Unterbau für einen offenen Glockenstuhl wurde. Hier wurden zwei sehr alte Glocken gehängt, die wunderbarerweise im Klang gut zusammenpassten. Die eine hatte in der Gertrudkapelle auf dem Werder gehangen (gegossen 1413) und die andere, zur Jakobskapelle gehörig, im Walltor-Dachreiter (gegossen 1490). Trotz ihres hohen Alters mussten sie 1944 abgegeben werden und sind seitdem verschollen.


In der Erlöserkirche hatten wohl hundertfünfzig Gemeindeglieder Platz. Der Raum, nicht viel länger als breit, war mit einem Tonnengewölbe gedeckt und hatte vor seinem Ostgiebel eine kleine Altarnische, deren Grundriss wohl halbkreisförmig gewesen ist. Zur Orgel musste man über eine Treppe auf eine kleine Empore steigen. Das Instrument war zweimanualig, hatte nur eine kleine Disposition, klang aber ausgezeichnet. Die kleine Erlöserkirche war ein Schmuckstück und aus Ziegeln im Klosterformat gebaut. In den letzten Kriegstagen Februar oder März 1945 wurde sie eingeäschert und die Ruine später von der polnischen Verwaltung entfernt.

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