Tafeln zum Dreißigjährigen Krieg

Dietrich Otto - Heimatkreisbearbeiter
dietrichotto@arcor.de

In Stargard sind 8 Tafeln zwischen der Johanniskirche und dem Eisturm entlang der Stadtmauer aufgestellt. Sie beschreiben die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges in Stargard. Die Tafeln sind in polnischer (links) und deutscher (rechts) Sprache. Sie enthalten jeweils einen Original Bericht (kursiv) und einen erläuternden Teil. Mit den Königlichen sind die schwedischen Truppen gemeint. Ihnen standen die Kaiserlichen (Kaiser und Katholische Liga) gegenüber.

Dreißigjährlicher Krieg

Tafel1 - Der Dreißigjährige Krieg und Pommern

Als Ihre Königliche Majestät zu Schweden am 10. Juli des Jahres 1630 mit vielen Schiffen, einer ansehnlichen starken Armee und vieler Munition zu Alten-Stettin, in fürstliche Residenzstadt dieses werten Pommerlandes glücklich angelangte, ergriff die kaiserlichen Truppen sofort ein großer Schrecken also gar, dass sie zu den Festen und Forts, insbesondere durch die Pässe Greifenhagen und Gartz geflohen sind, alles Volk samt Gepäck dahin gefordert haben, die Stadt Stargard samt dem Weizenacker gleich zum Provianthause machen wollten und mit großen Zwangsabgaben drohten. Kurz vor der Roggenernte haben sie die Anordnung gemacht, dass die Scheunen, sobald sie voll sind, von den Bürgern zugeschlossen werden sollten und das ganze Korn zum Proviant sollte verwendet werden, damit sie diese Stadt desto besser zwingen und die Bürger kein Widerstand leisten können.


Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) war der größte militärische Konflikt im 17. Jh. in Europa. Fast alle europäischen Länder waren darin verwickelt. Ausgelöst wurde er durch die religiösen Spannungen sowie durch den Kampf um die Vorherschaft in Europa. Die Auseinandersetzungen zwischen den protestantischen Länder des Heiligen Römischen Reiches, deren Verbündeten (Schweden, Dänemark, Holland, Frankreich) und der Katholischen Liga, die von Spanien und Habsburgern zum Leben gerufen wurde, eskalierten zum Konflikt, der die Zerstörung vieler Städte und Dörfer, Niedergang der Wirtschaft und Entvölkerung (als Folge der Kriegshandlungen, Hungersnot und Seuchen) zur Folge hatte.

Herzogtum Pommern und sein damaliger Herrscher Herzog Bogislaw XIV. versuchten erfolglos neutral zu bleiben. Im Jahre 1627 wurden auf dem Gebiet des Herzogtums die kaiserlichen Truppen untergebracht. 1630, nachdem Schweden in den Krieg eintrat, hatte sich Herzogtum Pommern mit Gustav Adolf verbunden. Im Juli gleichen Jahres landeten die schwedischen Truppen im Pommern, eroberten nach und nach die einzelnen Städte und die Dörfer und zwangen die kaiserlichen Truppen zum Rückzug.


Teil 2 - Kaiserliche Truppen in Stargard

Piccolomini

Unterdessen und zwar gute Zeit zuvor haben auch die Kaiserlichen ebenso solche Absicht nicht allein diese Stadt Stargard an ihrer stattlichen Artillerie im Zeughaus und aus den Wällen berauben und den Bürgern alle ihre Gewehr abzunehmen, sondern auch noch den nächsten Abend vor der Eroberung der Stadt den Eigentumsbauern ihre Gewehre, welche im Rathause vorhanden waren, entfremdet und mit Wagen auf die Schanze geführt.

Sie haben auch bereits auf dieser Schanze zwei Backöfen bauen, sowie einen Brunnen graben und allen Proviant dahin bringen lassen und somit keine andere Absicht gehabt, als dass sie aus der Schanze die Stadt nach allem ihrem Willen zwingen wollten und ebenda in einer Festung oder Zitadelle ihre Residenz behalten.


Im Jahre 1627 ist das kaiserliche Regiment unter dem Kommando des italienischen Oberst Octavio Piero Piccolomini (1599-1656) in Stargard einmarschiert. Piccolomini war einer der hervorragendsten Befehlshaber im Dreißigjährigen Krieg, seit 1648 hatte er Kommando in der kaiserlichen Armee. Man soll hier bedenken, dass die schwedischen Truppen bereits 1627 durch Stargarder Umland nach Polen aufmarschierten.

Zu der Stationierung der kaiserlichen Truppen kam es nach Unterzeichnung des Franzburger Vertrages durch den Pommerschen Herzog Bogislaw XIV. (am 10. November 1627). Es war eine Zustimmung für die früher erwähnte Einquartierung der Kaiserlichen auf dem Gebiet des Pommerschen Herzogtums, mit Ausnahme der Städte wo sich ein Herzogsitz befand. Ab diesem Zeitpunkt sollten die Bewohner Pommerns monatlich an die kaiserliche Armee 40.000 Taler abführen.

Die Stationierung der Truppen in jeder Stadt während des Krieges bedeutete für die Stadtbürger eine große Belastung. Nicht anders war es in Stargard. Anwesenheit der Soldaten bedeutete u. a. Vergewaltigungen und Diebstähle. Darüber hinaus wurde die Stadt gezwungen eine Zwangsabgabe von 10.000 Talaren abzuführen. Man soll ebenfalls bedenken, dass zusammen mit den Soldaten auch ihre Familien und manchmal auch die Händler, Profi-Spieler, Betrüger und Marketenderinnen marschierten. Während der Stationierung der kaiserlichen Truppen in Stargard wanderte ein Teil der Stadtbewohner aus. Die Daten sagen, dass es ca. 300 leere Häuser gab, was ca. 1/3 der Stadtbebauung ausmachte. Wahrscheinlich dann, als die Nachricht darüber, dass die Schweden bereits im Pommern sind, sich verbreitet hat, haben die kaiserlichen Truppen damit angefangen ihre Positionen in Stargard zu verstärken. Und wie aus dem obigen Bericht sowie auch aus den anderen Quellen hervorgeht, war das Stargarder Waffenarsenal gut gefüllt.


Tafel 3 - Die Truppen des Königs Gustav II. Adolf vor dem Stadttor

Seine Königliche Majestät kommandierte am 13. Juli von Stettin ab bis auf die Stadt Damm vor Stettin die gesamte Infanterie nebst etlichen Truppen unter dem Herrn Obristen Siegfried von Damitz und gab ihnen so nachdrücklichen Befehl, dass sie am Abend um 10 Uhr aus Damm und die Nacht durch die Heide gerade auf Stargard marschieren sollten. Dieselbigen sind zwar sehr eng zusammen gegangen aber auf dem freien Felde ist nicht viel geschehen. Da sie sich aber an die Stadt gemacht haben und das Dorf Cunow erreichten, sind sie zur rechten Hand quer über die Stadthufen geblieben, eine Kompagnie aber marschierte geradezu den Weg in die Stadt gleich auf St. Jobst-Kirche und Hospital unter die große Schanze, wo die Kaiserlichen bei 400 Mann stark lagen. Da haben sie aber die Kaiserlichen alsbald, weil der Tag angebrochen war, von der Schanze gesehen und die Lose daraus geschossen.


In den ersten Julitagen 1630 erscheint die schwedische Flotte vor Rügens Küste, zwei Tage danach landen die schwedischen Truppen auf der Insel Usedom. Einige Tage später erreichten die Schweden Stettin. Das Kommando über die Stettiner Besatzung hatte damals der Oberst Sigfried von Damitz ( 1592­1631), Mitglied einer Familie, die zu Zeiten des Bogislaws XIV. zur Elite des pommerschen Herzogtums zählte sowie einer der vertrauenswürdigsten Offiziere des Herzoges. Herzog Bogislaw hatte keine andere Wahl, als die Schweden in die Stadt hereinzulassen. Ab diesem Zeitpunkt strebten die beiden Seiten, die schwedische und die pommersche, den Vergleich an. Die von dem pommerschen Herzogtum geführte Neutralitätspolitik war im Dreißigjährigen Krieg nicht durchführbar. Kurz nach der Besetzung der Stadt Stettin durch den schwedischen Soldaten, begann ihr weiterer Marsch nach Pommern. Das nächste Ziel war Stargard und bei der Stadteroberung sollte den schwedischen Truppen der bereits oben erwähnte Oberst von Damitz als Regimentskommandant der sog. „Weißen Kompanie", die aus Freiwilligen aus Pommern bestand, behilflich sein.

Der Befehlshaber der kaiserlichen Truppen in Stargard war zu dieser Zeit der Oberleutnant Johann Jakob di Fuvor, genannt auch de Fore. Müde und unter der seit drei Jahren andauernden Truppenstationierung leidend wussten die Bürger von Stargard wahrscheinlich bereits, dass sich der Stadt die schwedische Armee nähert und machten sich auf das schlimmste gefasst. Auch die kaiserlichen Truppen machten sich auf die Verteidigung ihrer Positionen bereit, indem sie große Kräfte in der Schanze, also der Befestigung in der Nähe der Johanniskirche, konzentrierten. Gleich am Morgen, den 14. Juli 1630 standen die Schweden vor der Stadt. Wie die obige Quelle besagt, blieb ein Teil der Truppen bei Kunow stehen und die anderen rückten bis zur Kirche und St. Jobst Hospital vor. Damals waren das die Außenbezirke der Stadt, heute ist das die Gegend um Platz der Freiheit (Pl. Wolnoici - Gerichtsplatz) und Adam Mickiewicz Straße.


Tafel 4 - Scharmützel bei der Johanniskirche und Rotes Meer Turm

Die anderen königlichen Soldaten sind zu den Stadttoren geeilt und haben diese sofort, weil die kaiserlichen Wachen solche absicherten, besetzt. Unterdessen und zwar in gleicher Stunde kamen die Königlichen durch die Gassen näher an St. Johannis-Berg, Kirche und Turm. Dort erhob sich erst ein scharfes Schießen vom Glockenturm, auch von der Schanze, ebenso von dem Tor und Turm, den man das Rote Meer nennt, und es gingen viele tausend Schüsse auf die Stadt, wobei bei vielen eine solche Angst und Bangigkeit entstand, das viele fromme Herzen auf ihren Knien und sonst herzlich flehend beteten und wünschten, Gott wolle doch dieses angefangene königliche Befreiungswerk zu seinen Ehren, Erhaltung seiner Kirchen und Nutz dieser guten Stadt gedeihen und auslaufen lassen. Ansonsten war bei den königlichen Obristen und anderen Offizieren, auch gemeinen Soldaten kein Säumen, sondern man sah bei ihnen solchen Eifer und Freudigkeit, dass einer vor dem andern die Orte, wo man den Kaiserlichen könnte ankommen, einzunehmen begehrten.


Die Eroberung der Tore gab den Angreifern den taktischen Vorteil. Der Überraschungseffekt durch einen simulierten Eingriff auf die Befestigungen in der Nähe der Johanniskirche lenkte die Aufmerksamkeit der Verteidiger von vielen Stadtbereichen ab und ermöglichte somit eine schnelle und reibungslose Durchführung dieses Ablenkungsmanövers. Die schwedischen Truppen, die auf die Kaiserlichen von hinten zukamen, ergriffen die Initiative und diktierten ein für sich günstiges Handlungsszenario indem sie ziemlich schnell die feindlichen Kräfte auf einem kleinen Bereich konzentrierten.

Könnte also der Erfolg der Schweden bedeuten, dass die kaiserlichen Truppen auf den Angriff nicht vorbereitet waren?

Es scheint nicht der Fall zu sein. Die archäologischen Untersuchungen, die während der Sanierung des Walltores sowie des Wehrganges bei der Bastei, ermöglichten die Bekundung der Heizsysteme, die darauf hinweisen, dass sowohl die Tore als auch der Wehrgang bei der Bastei von den Soldaten das ganze Jahr überwacht werden könnten. Alles deutet darauf hin, dass die Hauptursachen für die Niederlage der Kaiserlichen die geringe Truppenstärke und die Handlungen im Hintergrund waren.

„Der Angriff der Schweden verdient durchaus ein taktisches Meisterstück genannt zu werden".


Tafel 5 - Die Verteidigung der Stadt

Die meisten ankommenden Königlichen haben sich zu der Vogelstange hinter die Ziegelscheune vor der Stadt in großer Eile begeben, so dass die Kaiserlichen sie aus den Augen verloren haben.

Die eine Kompagnie aber hat sich bei St. Jobst Kirchhofe sehen lassen, und wartete, ob sich jemand aus der Schanze begeben würde. Die Kaiserlichen dachten dann, dass die Königlichen alle die Scheunen vor der Stadt unter der Schanze eingenommen hätten, und erwarteten demnach, wie sie sich würden wiederum aufgeben und vernehmen lassen. Inzwischen sind die Königlichen über den Wall bei der Ihna nahe am Werder vor der Stadt durch eine in Eile eröffnete, aber von der kaiserlichen Besatzung zuvor nicht bewachte (nur deshalb nämlich könnte das gelingen) Wasserpforte, am früher Tageszeit zwischen 3 und 4 Uhr, das war der Mittwoch auf den Sonntag nach Trinitatis, gekommen und zwar so geschickt und geschwinde, dass ehe man auf der Schanze eine Salve aus dem Geschütz geben könnte, haben sie sich allerseits über St. Marienkirchhof durch das enge Gassen bei dem Turm, teils um den Kirchhof hinweg beim Rathause hinauf mit etlichen Kompagnien und fliegenden Fähnlein begeben und sich aufm Markt präsentiert. Die kaiserlichen Wachen wurden vor der königlichen Garde teils erschossen, teils gefangen genommen.


Die schwedischen Truppen (die Königlichen) wussten von den mächtigen Befestigungen in der Westseite von Stargard Bescheid (Stadtmauer mit der Höhe von 8 m, zahleiche Wiekhäuser, Rotes Meer Turm, Johannistor und Pyritzer Tor mit den Vortoren, das Rondell und der breite Wallgraben), haben also den Gegner getäuscht und seine Aufmerksamkeit genau auf diesem Abwehrabschnitt fixiert indem sie eine der Truppen zwischen den Bauten (die Scheunen und die St. Jobst Kapelle) vor der Stadt positionierten. Eine kleine Einheit überquerte gleichzeitig mit einem Boot den Fluss Ihna im südöstlichen Abschnitt der Stadtbefestigungen an der Stelle, wo sich eine nicht bewachte Wasserpforte befand. Nach der Erstürmung der Stadt sind sie durch den St. Marien Friedhof und weiter durch die Gasse an der Marienkirche neben dem Kirchenturm zum Rathaus gekommen. Dort lieferten sie sich eine kurze, erfolgreiche Schlacht mit der kaiserlichen Wache vor dem Rathaus.


Tafel 6 - Die Verteidigung der Johanniskirche

Dreißigjähriger Krieg Johanniskirche

Die Kaiserlichen saßen auf dem Glockenturm bei St. Johanniskirche fest, so dass sie auf einer breiten langen Treppe von 70 Stufen oder Graden hoch über die Mauer aus der Schanze in den Turm ab- und auslaufen könnten, also hat jeder von den Königlichen diese sehen können und wollte die Auf- und Ablaufenden mit Musketenschüssen grüßen und empfangen. Daher wurden auch nicht wenige Kaiserliche erschossen, insbesondere aus einen nicht gar weit von der Schanze gelegenen neuen Wiekhause, von welchem die Königlichen in die Schanze schießen konnten, so dass sich die Kaiserlichen darin nicht mehr durften sehen lassen. Deswegen wollten die Kaiserlichen auch solches den Königlichen auf dem Wiekhause mit einem Stück und etlichen Musketenschüssen tun, aber vergeblich, wie die Zeichen und Überreste dort zeigen. Gleiches taten auch die Königlichen den Kaiserlichen in der Schanze und schossen seitwärts stark durch die Bürgerhäuser und Dächer. Und weil ein groß Hauen und Brechen auf dem Turm von den Kaiserlichen sich erhob, haben die Königlichen ein Fenster in der Kirche St. Johanns gebrochen, in die Kapelle gekommen, geschwinde eine Leiter hineingesetzt und hineingestiegen mit der Absicht auf den Turm durch die Kirche und zwar durch eine Wendeltreppe hinaufzukommen, stellten jedoch fest, dass solches bereits von den Kaiserlichen vermauert wurde. Währenddessen schossen die Kaiserlichen scharf durchs Gewölbe von oben herab, jedoch ohne sonderlich großen Schaden, bis die Königlichen durch solch Kirchenfenster 3 große Tonnen mit Pulver, Werg und anderen zugerichteten Sachen unter den Turm brachten, wohl sich dabei großer Gefahr aussetzen, weil nach solcher Schießerei zwei Soldaten in und der dritte vor der Kirche erschossen worden sind. Auf diese Tonnen haben die Königlichen anschließend Laufpulver gestreut, 6 und mehr Schritte weit von den Tonnen auch eine brennende Lunte, etwa auf 3 Zoll lang mit dem brennenden Ende von dem Pulver rückwärts gelegt und den Turm also sprengen und die Kaiserlichen dadurch heruntersetzen wollen.


Nach dem Öffnen der Stadttore durch die schwedischen Soldaten, die durch eine der Pforten in der Südseite der Befestigungen in die Stadt eingedrungen waren, kam in der Stadt zur Eroberung der Stellungen, wo die Kaiserlichen den Widerstand leisteten. Eine solche Stellung war der Turm der Johanniskirche, der zum Zeughaus für die Versorgung der die Artilleriestellungen am Rondell umfunktioniert wurde.

Bei der Lektüre dieses Abschnittes des Berichtes über die Stadtbelagerung soll man bedenken, dass die effektive Reichweite einer Muskete, die damals im Einsatz war, betrug ca. 50 m. Bereits seit Mittelalter eine sehr verbreitete Art solche Befestigungsanlagen wie z.B. Türme anzugreifen war diese in Brand zu setzen oder zu sprengen. Ein Versuch diese Methode hier anzuwenden war erfolgreich.


Tafel 7 - Eroberung der Stadt

(...) Weil sich die Kaiserlichen aus der Schanze nicht mehr wagten und auch ihre beste Stellung auf dem Glockenturm verloren haben, so hat Oberstleutnant di Fuvor das Spiel rühren lassen, einen kurzen Kriegsrat gehalten, wiewohl dennoch inzwischen tapfer vom Roten Meer geschossen, was die Königlichen auch nicht freute, bis endlich — welches ohne Zweifel Kirchen- und Schul- Diener, wie auch Bürger, klein und groß, Kinder, Jungfrauen und Frauen, Arme in den Hospitälern und vielen sonstigen mit ihrem Seufzen und Gebeten von Gott das erreichten — der Obristleutnant selbst nebst andern kam aus der Schanze und Akkord um 11 Uhr vormittags unterzeichnete, zumal beide Parteien gegeneinander so lange gehalten hatten. Da nun sind die Königlichen zu dem angelegten Lauffeuer geeilt um die brennende Lunte abzunehmen, da haben sie bemerkt, dass die Lunte einen Zoll breit von dem Pulver auf dem steinernen Pflaster allbereits zweifelsfrei aus sonderbarer Schickung Gottes ausgegangen ist. Nach dieser Zeit wurden die die Traktate ziemlich langgehalten.


Unterstützt durch die Freiwilligen aus Hinterpommern zingelte die königliche Armee in der Nacht am 14. Juli 1630 die Stadtmauer von Stargard um und stürmte die Stadt. Nach der Besetzung der Stadttore und des Marktes sowie nach der Auseinandersetzung mit den kaiserlichen Wachen, gaben die Schweden mit lauten pfeifen und trommeln bekannt, dass Stargard bereits in ihren Händen ist. Von dort gingen sie zum Schutzwall, zu der Johanniskirche und zum Turm Rotes Meer, von dem sie immer noch stark beschossen wurden. Die überraschten Kaiserlichen, unter der Kommando des Stadtkommandanten Johann Jakob di Fuvor, versuchten tapfer die Schanze zu verteidigen, schließlich jedoch mussten sie kapitulieren. Di Fuvor war sich seiner schwierigen Lage bewusst, deshalb hat er eine Krisensitzung einberufen. Kurz danach nahm er an Verhandlungen teil und noch am gleichen Tag wurde der Vergleich unterschrieben.

Während der Kampf wurden viele Soldaten getötet, viele gefangen genommen. Die übriggebliebenen haben den Erlaubnis bekommen mit eigenen Waffen und eigenem Besitz zum kaiserlichen Lager bei Gartz an der Oder zu gehen. Ab diesem Zeitpunkt befand sich die Stadt, genauso wie die übrigen Gebiete von Westpommern, in schwedischen Händen. Die Schweden entpuppten sich leider als rücksichtslose Besatzer, die die ganze Stadt plünderten. Die Enttäuschung der Stargarder Bürger war umso größer, weil sie ähnlich wie die anderen Bewohner von Pommern, große Hoffnungen auf die Ankunft der Königlichen in Pommern setzten. Sicherlich haben sie eine bessere Behandlung erwartet, vor allem wegen der gemeinsamen Konfession, damals war es der Protestantismus. Es war einer der Gründe, warum die Menschen in Pommern die anrückenden Schweden unterstützten.


Tafel 8 - Stargard in schwedischen Händen

Oberst Jakob Larson Bohm

Endlich ist um 2 Uhr nachmittags der Waffenstillstand von beiden Teilen unterschrieben und versiegelt worden. Unterdessen sind die Bürger, weil sonst von 2 Uhr bis 3 gewöhnlich die Betstunde gehalten wird, in die Augustinerkirche zum Gebet gegangen, weil sie nicht wissen können, falls es nicht zum gänzlichen Vergleich kommen sollte, ob und wie sie wieder nach !lause kommen sollen oder können.

Es ist aber durch Gottes Gnade, welchem ewig sei Dank, die Sache also verglichen, dass die Kaiserlichen alsbald zwischen 3 und 4 Uhr die Schanze räumen, mit dem Ober- und Untergewehr abziehen und die Stadt ganz räumen müssen.

Dieses ist kürzlich also der Verlauf von der Eroberung der Stadt Stargard.


Die kaiserlichen Truppen haben zwar die Stadt verlassen, jedoch nicht vergessen. Genau fünf Jahre, zwei Monate und 21 Tage später spielte im Stargard der zweite Akt dieses Drama.

Vom Süden von Pyritz marschierten in Richtung Stargard die Truppen mit kaiserlichen Fahnen mit der Absicht die Stadt zurückzuerobern. Einige Jahre zuvor; bei der Stadteroberung profitierten die Schweden von einem Überraschungsmoment, wo sie die Vorstadtbebauung als ein Versteck für ein Teil der Truppe nutzten. Am 7. Oktober 1635 hat der Kommandant der schwedischen Truppen, Oberst Jakob Larson Bohm, beschlossen die Bebauung bei der heutigen Hl. Geist Kirche, damals gleichnamiger Kapelle, in Brand zu setzen um aus dem Vorfeld die Objekte, die den Angreifern als Schutz dienen könnten, zu entfernen.

Dieses exakt nach der Kriegskunst ausgeführte taktische Manöver ist fehlgeschlagen. Der Brand verbreitete sich blitzschnell, bald geriet er außer Kontrolle und erfasste in kurzer Zeit fast die ganze Stadt, verschont blieben nur die Johanniskirche und ihre unmittelbare Umgebung.

Noch bis heute werden die Brandspuren bei den archäologischen Arbeiten wiederentdeckt. Die Analyse der freigelegten Objekte und dessen Lage belegen, dass er unerwartet kam und seine Kraft und Heftigkeit waren auch so groß, dass das ganze Hab und Gut zurückgelassen wurde nur um das Leben zu retten.


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